Eine Woche lang täglich 15 Stunden im Schweigen in einer Mönchszelle mit nur drei Fragen – wer tut sich das an?
Eine Woche lang täglich 15 Stunden im Schweigen in einer Mönchszelle mit nur drei Fragen – wer tut sich das an?
Schweibenalp November 2013
Erfahrungsbericht I.M.
Meine Bedenken im Vorfeld haben sich nicht
bewahrheitet. Würde ich es aushalten und durchstehen ohne die tägliche
Bewegung draussen an der frischen Luft, ohne Kontakte zu meiner Familie,
nichts zu schreiben und nichts zu lesen …..
Rückblickend betrachtet, war Naikan für mich eine
wunderbare Erfahrung. Schon während der Woche realisiert ich, wie schön
es ist, nicht dauernd abgelenkt zu werden. Sich nur einem Thema zu
widmen war beruhigend, sieben Tage nur ich und mein Leben. Zu Beginn war
es für mich eine Herausforderung, mich ausschliesslich auf die drei
Fragen zu konzentrieren:
Was hat die Person für mich getan?
Was habe ich für die Person getan?
Welche Schwierigkeiten habe ich der Person bereitet?
Es ist mir gelungen, mich ganz darauf einzulassen. Das Resultat aus meinem Naikan ist:
Ich fühlte mich danach ausgeglichen, geerdet und
reich an vielen schönen Erinnerungen. Ein Glücksgefühl und Dankbarkeit
stellte sich in mir ein. Innerlich hat sich die Gewissheit nochmals
deutlich verfestigt, dass mein Verhalten, meine Einstellung eine grosse
Rolle spielt, wie die Mitmenschen auf mich wirken und mit mir umgehen.
Heute kommt es ab und zu vor, dass ich an Naikan
denke und mit Hilfe der drei Fragen, eine Situation, einen Tag, oder
eine Woche mir nochmals durch den Kopf gehen lasse. Dies beruhigt mich,
nimmt mir Druck weg und verschafft Zeit zur Reflektion.
Convento Bigorio August 2013
Erfahrungsbericht J.H.
Ich bin mit Vorbehalten in die Naikan Woche
eingestiegen, hatte grosse Zweifel, ob ich es schaffen würde, mich
auszuklinken aus dem Alltag. Das Schuljahr mit vielen Neuerungen hatte
gerade angefangen, und obwohl ich meine Abwesenheit gut organisieren
konnte, fiel es mir nicht leicht, ohne die Kinder wegzufahren. Die
Vorstellung, eine ganze Woche lang keinen Kontakt mit ihnen zu haben,
stresste mich sehr. Ebenfalls kaum vorstellbar war es, keine Bücher um
mich zu haben, nicht lesen zu können. Hingegen freute ich mich von
Anfang an auf die Stille und das Alleinsein. Im Nachhinein kann ich
sagen, dass die Woche nicht nur für mich ein Gewinn war, sondern, dass
auch meine Töchter von der Chance, mehr Eigenständigkeit zu üben,
profitiert haben. Das Loslassen ist mir leichter gefallen als
befürchtet. Nachdem ich das Handy abgegeben und mein Buch, welches ich
für die Zugreise mitgenommen hatte, zuunterst im Koffer versteckt hatte,
war ich im Kloster angekommen. Ich dachte die ganze Woche erstaunlich
wenig an zu Hause und wenn, dann ohne mir Sorgen zu machen. Das Lesen
vermisste ich tatsächlich, aber nur abends, weil mir das Einschlafen
schwer fiel, ohne meine gewohnte halbe Stunde Abtauchen in die
Bücherwelt.
Der Ort, das Kapuzinerkloster in Bigorio, Tessin,
war für mich perfekt. Einen malerischeren, passenderen Ort für Naikan
kann ich mir kaum vorstellen. In der kleinen, von der Hitze des
Spätsommers geschützten Mönchszelle, fühlte ich mich geborgen und
sicher. Der tägliche, kurze Arbeitseinsatz im Klostergarten verhalf zu
etwas Bewegung an der frischen Luft. Ich hatte keine Mühe die restliche
Zeit allein in meiner Zelle zu verbringen und ab und zu einen Blick aus
dem kleinen Fenster mit grandioser Aussicht zu werfen. Als halbe
Italienerin, katapultierten mich die herrlichen Düfte, die bereits
vormittags aus der, direkt unter diesem Fenster liegenden, Klosterküche
strömten, sofort in meine Kindheit zurück. Ich zog mich in die Höhle
zurück und liess mich auf das Naikan ein…
Auch wenn ich es mir vorher nicht vorstellen konnte:
Es funktionierte. Die Ruhe, der gleichförmige Rhythmus des
Tagesablaufs, die klare Struktur, die fehlenden Alltagssorgen, das
Alleinsein, die mystische Atmosphäre des Ortes… All das trug dazu bei,
dass ich die Naikan-Fragen stellen und mit Hilfe des Naikanleiters auch
immer wieder deren Einfachheit und Klarheit erkennen konnte, wenn ich
ins Philosophieren abdriftete oder das Ganze allzu wissenschaftlich
angehen wollte. Meine Rastlosigkeit und mein hochtouriges Alltagstempo
wurden automatisch heruntergefahren.
Die vielleicht wichtigste Einsicht für mich war,
dass ich gemerkt habe, wie sehr ich über all die Jahre gewisse
Erinnerungen zementiert hatte, indem ich sie immer wieder auf dieselbe
Weise dachte oder auch weitererzählte. Plötzlich gab es im Naikan
Momente, wo ich mir sagte „so war das ja gar nicht!“. Oder ich erinnerte
mich an Details, die ich gestrichen hatte und die der Erinnerung eine
ganz neue Richtung geben. Erinnerungen verblassen nicht nur über die
Zeit, sondern sie können sich durch dauernde Wiederholung auch von der
Realität, der Wahrheit wie es wirklich war, entfernen. Die schönste
Erfahrung war das Erinnern ganz kleiner, auf den ersten Blick völlig
unwichtiger Begebenheiten aus der Kindheit, an die ich das ganze
Erwachsenenleben lang nicht mehr gedacht hatte, die aber mein heutiges
Sein, Denken und Fühlen beeinflusst haben. Das war für mich wie das
Öffnen eines lange verschollenen Schatzkästchens.
Sehr fasziniert war ich auch von der
Herausforderung, das Thema Lügen und Stehlen aus Sicht der Naikan-
Fragen zu betrachten, worum mich der Naikanleiter nach den ersten
Durchgängen mit Mutter, Vater und Grossmutter bat. Wie oft lüge ich
indirekt, indem ich nicht ehrlich sage, was ich wirklich denke und
belüge damit nicht nur andere, sondern in erster Linie mich selber. Wie
oft stehle ich anderen Zeit, weil ich anstelle eines klaren Neins ein
halbherziges „Ja, aber“ sage, um dann mühsam nach Auswegen zu suchen und
alles daran setze auf Umwegen das Geforderte doch nicht leisten zu
müssen, Ausreden, Notlügen…
Unmittelbar nach Ende des Naikans dachte ich: Es war
eine spannende Erfahrung, aber nun bin ich doch froh habe ich es hinter
mir. Jetzt, einige Wochen später, spüre ich, dass diese Woche
nachhaltiger war als ich gedacht hätte. Ich habe das Gefühl im Alltag
gelassener zu reagieren. Manches kommt mir wieder in den Sinn und macht
mich froh. Mittlerweile kann ich mir ein weiteres Naikan durchaus
vorstellen.
Möschberg Juni 2013
Erfahrungsbericht B.G.
Meine Naikan Woche begann wunderschön, in einem
Zimmer dessen Seele mir Geborgenheit versprach und hielt. Und einem
Ruedi bei dem ich mich all die Tage absolut gut aufgehoben und begleitet
fühlen durfte. Es war eine bereichernde Woche, ein ganz besonderes
Dankeschön möchte ich an Ruedi schicken, denn ohne ihn wäre das alles
nicht möglich gewesen. Das du dir die Zeit für mich alleine genommen
hast, für deine Geduld, für dein da sein, Danke, von ganzem Herzen.
Nach meiner Naikan Woche spürte ich meine Flügel und
gleichzeitig meine Wurzeln wieder. Eine innere Ruhe wie ich sie so nie
erlebt habe erfüllt mich noch immer. Ich durfte mich selber neu
kennenlernen, sehe vieles nun auch mit anderen, sanfteren, Augen. Das
Gefühl immer nur Opfer zu sein veränderte sich radikal. Die Dankbarkeit
für all die Menschen die für mich da waren und noch immer sind,
unbeschreiblich.
Ich kann Naikan nur weiter empfehlen.
Schweibenalp April 2013
Erfahrungsbericht R.H.
Beim Naikan gefiel mir besonders gut, dass mich niemand stresste, wenn ich an den Fragen herum studierte. Ich konnte mich voll und ganz auf mich und die Fragen konzentrieren.