Eine Woche lang täglich 15 Stunden im Schweigen in einer Mönchszelle mit nur drei Fragen – wer tut sich das an?

Convento Bigorio April 2019

Erfahrungsbericht A.W.

NAIKAN – die etwas andere Selbstreflexion

Eine Woche lang täglich 15 Std. im Schweigen in einer Mönchszelle mit nur drei Fragen  – wer tut sich das an?

Die drei Fragen haben es in sich – vor allem die dritte: welche Schwierigkeiten habe ich der Person bereitet, mit der ich mich gerade intensiv beschäftige.
Meist ergehen wir uns ja gerne in selbstgestrickten Geschichten und Dramen, die wir von den Andern erleiden bzw. ihnen in die Schuhe schieben. Hier im NAIKAN stelle ich mich bewusst in die Schuhe des Andern und übe mich in seiner Sichtweise. Dabei geht es um reine Fakten.

Dank der klaren Tagesstruktur und der einfachen Vorgabe erlerne ich selbstverantwortlich eine neue Fähigkeit, hinzuschauen und nach innen zu horchen – ohne Erwartungen und Vorstellungen, ohne Interpretationen und Analysen. Die Fülle der Fakten, die sich täglich in 15 Stunden ansammeln, lässt mich z.B. erkennen, wieviel Zuwendung und Liebe ich tatsächlich bekommen habe, sie aber durch meine selbstgestrickten Denk-und Verhaltensmuster, mein „Tunnel“denken, weggefiltert hatte – und wie reich und farbig mein Leben wirklich ist.

Und das schier unglaubliche Resultat nach 7 Tagen intensiven Übens: meine Sichtweise hat sich zu weiten begonnen, mein Herzensverständnis für mich und Andere hat zugenommen, ich bin versöhnlicher und toleranter geworden und spüre Freude und Dankbarkeit für mein Leben.

Zugegeben, diese Innenschau braucht neben Mut und Ehrlichkeit sich selbst gegenüber auch beharrliche Ausdauer, aber es lohnt sich: die eigenständige, von aussen unbeeinflusste Prüfung meiner Denk- und Handlungsmuster stärkt mein Vertrauen in mich selbst und ermächtigt mich, meine Projektionen zurückzunehmen und die Verantwortung für mein Leben ganz zu übernehmen, mein Glücklichsein selber zu schmieden.

Und das Gute daran ist, dass man an seiner Um-Programmierung dranbleiben kann, ohne auf einen Therapeuten angewiesen zu sein.

Take it easy – but take it 🙂

 

Erfahrungsbericht P.L.

Ein zweites Mal eine Woche Naikan anzugehen und durchzuziehen erlebte ich als eine spannende Erfahrung und Herausforderung. Im Vorfeld wie auch im Naikan selbst ging es nun zusätzlich zur eigentlichen Auseinandersetzung mit mir auch darum, mit Themen wie Wiederholung sowie auch (Selbst-)Zweifel an der Entscheidung für ein erneutes Naikan umzugehen. So brauchte ich drei Tage, bis ich tatsächlich „angekommen“ war. Danach konnte ich mich auf die Naikan-Fragen beziehungsweise auf mich, meine Handlungsweisen und -muster, meinen Umgang mit Mitmenschen und mit mir einlassen. Die Möglichkeit des Rückzugs, ruhiger Schlaf mit zunehmender Traumaktivität, feines Essen sowie wunderbare Aussicht aus dem kleinen Klosterzimmer haben den strukturierten und gut angeleiteten Tagesablauf als Bonus angenehm abwechslungsreich gestaltet. Die Überwindung der schwierigen ersten Tage hatte einen positiven Einfluss auf den Prozess und im Nachhinein bin ich froh, dass dies so passiert ist, denn auch daraus konnte ich lernen.

 

Erfahrungsbericht S.S.

Die Naikanwoche im Tessin war für mich eine neue Lebenserfahrung, von welcher ich noch lange profitieren werde!

In einem schönen Kloster, mit einer wunderbaren Aussicht, einer ausgezeichneten Küche und einer kompetenten Begleitung, durfte ich mir einfach einmal Zeit für mich nehmen. Wann hat man sonst im hektischen Alltag die Möglichkeit dazu? Ich konnte mich an ganz konkrete Situationen aus meiner Vergangenheit erinnern, von welchen ich
nicht mehr gewusst habe, dass diese in meinem Kopf überhaupt noch vorhanden sind. Dabei habe ich viel über mich selbst und über meine Beziehungen gelernt und mir wurde bewusst, dass ich mein ganzes Leben lang, immer wieder beschenkt wurde. Dieser Gedanke befreit und schenkt Lebensfreude, danke!